Die Konzerte von LIBERA verdienen einen eigenen Bericht und auch wenn einiges schon geschrieben wurde, so ist die Sichtweise eines jeden etwas anders und es gibt auch andere Dinge, die man wahrnimmt, sich merkt und für Erwähnenswert erachtet. Andere Berichte habe ich, wenn überhaupt, bislang nur überflogen, werde sie nach Fertigstellung des meinigen aber ausführlich lesen. Versprochen!
In nur acht Tagen sollte ich auf den Channel-Islands also mehr Konzerte erleben, als in den 18 Monaten davor. Zwei hätten es auf getan, so dachte ich mir vorher noch. LIBERA so intensiv zu erleben ist eine interessante Erfahrung und hilft auch, das Erlebte noch länger in Erinnerung zu behalten.
Für die Konzerte im Jersey Opera House hatte ich Karten in der Reihe 5 Mitte und Balkon erste Reihe, nicht ganz in der Mitte. Dies war der teurere Platz und ich hätte ihn an diesem Abend nicht gegen einen Platz in der ersten Reihe im Saal tauschen wollen. Man konnte sich hier oben einfach entspannt zurücklehnen, das Konzert genießen und hatte dabei die ganze Bühne im Blick. So sah man dann auch bei der Rede von Jude die vorgestellten Musiker und auch Matthew Rangel-Alvarez war häufiger zu sehen. Mit dem „entspannt zurücklehnen“ klappte es bei meiner Sitznachbarin nicht so recht. Gleich am Anfang winkte sie häufiger nach vorne und lehnte sich öfter mal auf die Balustrade um ein wenig näher am Geschehen zu sein, oder aber besser gesehen werden zu können. Ich hatte es ja im vorangegangenen Artikel schon geschrieben, es war die Mutter von Michael Ustynovych-Repa, der wohl ein wenig unter Heimweh litt (wenn ich homesick richtig übersetze) und weswegen sie extra angereist war. Sie war sehr aufgeregt und dann wieder sichtlich erleichtert, wenn Michael seine Sache auf der Bühne bravurös gemeistert hat. Einmal bemerkte ich ein Kopfschütteln von Michael, aber ob das seiner Mutter galt???
Die vielen leeren Plätze im Saal waren traurig anzusehen. Beim ersten Konzert war es am Schlimmsten, aber auch später auf Guernsey gab es reichlich freie Plätze. Bereits in der zweiten Reihe ging es damit los. Hier viel es nur nicht so sehr auf, da der Saal etwas kleiner war.
Es mag Einbildung sein, aber man sah irgendwie die Augen der Kinder im Saal umherwandern. Vielleicht auf der Suche nach bekannten Gesichtern, oder auf der Suche nach überhaupt irgendwelchen Gesichtern, oder aber um eine freie Stelle zu suchen um gerade niemanden anschauen zu müssen. Ein wenig Enttäuschung dürfte den Jungs gerade beim ersten Konzert schon im Gesicht gestanden haben. Es fehlte ein wenig an Konzentration und manch einer war alles andere als bei der Sache. Dazu später mehr. Besorgten Lesern möchte ich aber gleich vorweg die Angst nehmen, dass es irgendwelche groben Patzer gegeben haben könnte. Nein, das war nicht der Fall, in keinem der Konzerte.
Nur waren einige Jungs relativ unruhig, fanden ihre Positionen nicht auf Anhieb, manche Stimmen kamen nicht so wie sie sollten, die Musiker mussten noch ihre Abstimmung mit dem Chor finden, genauso wie die Tontechnik. Auf beiden Inseln war jeweils das zweite Konzert deutlich besser, das Abschlusskonzert auf Guernsey war sogar absolut perfekt. Hier stimmte einfach alles und offensichtlich hatten alle Solisten auch noch mal an ihren Stimmen gefeilt. Der Beifall am Ende hätte ruhig länger ausfallen können denn er endete bereits, noch bevor die letzten Kinder den Saal verlassen hatten. Standing Ovations gab es nur in drei Konzerten, beim ersten blieben sie aus.
Die Helligkeit im Saal auf Guernsey war etwas ungewohnt, zumal man am Anfang auch noch vergessen hatte auf einer Seite das Licht auszuschalten. So blieben einige optische Effekte wirkungslos. Auf Jersey hielt man es im Gegenzug noch nicht einmal für nötig zum Auffinden des Platzes Licht zu machen. Bei den paar verkauften Karten musste man wohl irgendwo sparen.
Wie zu erwarten waren alle Konzerte von der Liedfolge und den Reden gleich. Langweilig wurde es trotzdem nicht und gerade bei den Reden musste ich manchmal schon grinsen bevor es lustig wurde. Warum man allerdings für beide Orte eigene Programmhefte, Poster und Flyer gedruckte hatte kann ich mir nicht ganz erklären.
Es geht los!
Es wurde dunkel, es wurde ruhig, die Bandansage von Cassius mit der Bitte die Telefone auszuschalten und dem Hinweis, dass Aufnahmen jeder Art nicht gestattet sind ertönte und kurz danach bewegten sich die ersten weißen Gestalten auf die leicht blau beleuchtete Bühne. Es ertönten die ersten Alleluia des Jubilate, kurz darauf kamen von beiden Seiten weitere Sänger dazu bevor dann auch der Rest dazustieß. Es war schön anzusehen wie aus den anfangs wenigen verteilt stehenden Sängern nach und nach ein ganzer Chor wurde.
Das Jubilate ging, wie wir es inzwischen schon gewohnt sind, nahtlos in Libera über, wobei es hier auch einen Lichtwechsel gab. Als die Kinder bei Libera zur Choreografie gehörend die Hände nach außen streckten bemerkte ich bei einem Jungen blaue Flecken auf den Handflächen. Nein, nicht solche blaue Flecken, es waren irgendwelche in die Hand gemalte Zeichen. Das nur so am Rande.
Ben begrüßte zusammen mit Cassius das Publikum, dann erzählten sie wo sie herkommen und dass in London ja momentan so viel los ist und sie froh sind die Ferien an einem ruhigeren Ort verbringen zu können. Sie stellten Lucas mit 8 bzw. 9 Jahren als jüngsten Sänger vor (er hatte wohl während der Tour Geburtstag) und Josh mit 17 als ältesten. Außerdem erwähnte Ben mit seiner unnachahmlichen Stimme, dass der Song Libera geschrieben wurde, bevor er geboren wurde. Dies dürfte inzwischen eigentlich auch den gesamten Chor zutreffen.
Es folgten Song of Life mit Isaac als Solisten, Sanctissima mit Eoghan und das Sanctus, zu dem sich alle wieder im Halbkreis formierten. Es war für mich nicht zu erkennen, wer zwischendurch die lauteren hohen Töne singt, mal hatte ich Matthew Jansen ausgemacht, mal Thomas. Möglicherweise haben sie sich auch abgewechselt. Mathhew Jansen hat jedenfalls das abschließende Sanctus gesungen und auch schön lange ausklingen lassen.
Das möchte ich zwischendurch dann eben auch lobend erwähnen, dass wirklich alle Solisten in den Liedern die Töne haben lang ausklingen lassen. Von Ralph kannte ich dies so leider nicht, aber ich habe von ihm auch viele Konzerte nicht gehört.
Die folgende Rede hat Cassius mit Michael gehalten, über die Reisen und Moose als Maskottchen.
Als Cassius den Song I Vow To Thee My Country ankündigte ging beim 4. Konzert ein richtiges Raunen durch die Reihen. Scheint wohl in England allgemein ein sehr bekanntes Lied zu sein.
Matthew Jansen sang hier das Solo, später wurde er unterstützt von Dylan und Thomas.
Eternal Light wurde von Jude Collins und Thomas Delgado-Little gesungen. Das Zusammenspiel der Stimmen war nicht immer perfekt, im Abschlusskonzert dann aber tadellos. So zu singen, dass zwei Stimmen wie eine Stimme klingt stelle ich mir sehr schwer vor.
Das folgende Salva Me war wieder so ein richtig schöner mystischer Song. Matthew Rangel-Alvarez sorgte mit seinen von hinten gesungenen Salvas für eine tolle Atmosphäre, gesehen hat man ihn aber nur, wenn man oben saß. Sah toll aus, wie er hinter der Gruppe in einem violetten Lichtschein stand. Beim Salva Me stand ein großer Block zweireihig zusammen und zwei versprengte Gruppen an den Seiten. Alle hatten die Kapuzen auf, wobei einem wohl einmal die Kapuze zu weit runtergerutscht ist. Könnte Eoghan gewesen sein. Aber bei dem Lied brauchte er ja auch nicht sehen. Einem anderen fiel sie fast wieder nach hinten zurück und er versuchte die Kapuze mit den Augen wieder nach vorne zu holen. Junge, das klappt nicht. Aber auf den Kasper komme ich später noch zu sprechen.
Jude stellte in seiner Rede die Musiker vor wobei er dabei in die Richtung zeigte, wo diese saßen. Nur sehen konnte man sie im Regelfall nicht, es sei denn man saß oben auf dem Balkon. Steven Geraghty saß in Guernsey für alle ersichtlich im rechten Seitenschiff. Einmal verwechselte Jude Simon mit Ian Tilley, korrigierte es aber schnell. Dass er selber nicht sehen konnte wo sich die Musiker befanden konnte man einmal gut sehen, als er in eine Richtung zeigte, unsicher wurde und sich mit Blick auf Robert Prizeman noch einmal vergewisserte, dass es so richtig war. Als letzten stellte Jude Robert als den „Musikalischen Direktor“ vor und bemerkte im Nachsatz, dass dieser sein Möglichstes tut nicht bemerkt zu werden. Tatsächlich stand Robert Prizeman in Jersey so weit am Rande der Bühne (er spielte diesmal nicht Klavier oder Keyboard), dass man gar nicht bemerkt hatte, wie er dort hingekommen ist. Sah auch witzig aus, wie bei manchen Liedern die außen stehenden Sänger direkt in sein Pult reinsangen.
Jude kündigte mit einer fast traurig klingenden Stimme Faithful Heart an, das von Joshua gesungen wurde, unterstützt von Matthew Jansen. Ein interessantes Zusammenspiel von Stimme und Instrument konnte man in diesem Lied erleben, ist mir in dieser Perfektion aber erst im 4. Konzert aufgefallen. An einer Stelle wird eine Melodie gesungen, was bei den Konzerten Thomas' Aufgabe war (ich glaube es war Thomas). Die Melodie müsste eigentlich fast an einem Stück gesungen werden, nur reichte ihm dafür die Luft nicht aus. Also griff ein Streicher genau in dem Moment wo er Luft holen musste ein, hielt den Ton und verschwand wieder, als Thomas weitersang. Vielleicht hätte der Streicher noch einen Hauch dezenter sein können. Joshuas Stimme ist schon ungewöhnlich und für das Lied wie geschaffen. Entgegen der Feststellung in einem Blog hat sich die Stimme von Joshua gegenüber der CD-Version schon geändert. Auf Peace hört man in der Stimme noch ein wenig den kindlichen Glanz in den Augen (geht das überhaupt?), jetzt ist seine Stimme etwas melancholischer. Optisch machte sich der grüne Lichtstrahl gut, der Josh umgab.
Exultate bildete mit einer wunderbaren Choreografie den Schluss der ersten Hälfte. Dieses Lied wäre auch ideal als Abschluss des ganzen Konzertes geeignet, aber man hat ja zumindest einen Teil davon als Zugabe.
Nach der Pause eröffnete Eoghan, von einen dezenten blauen Licht umgeben, mit einem a capella- Solo die zweite Konzerthälfte. Text und Melodie stammen übrigens aus dem Lied Attendite, nur fällt es nicht auf, da man aus diesem Lied eher den Teil wahrnimmt, der dem Gaelic Blessing so ähnlich ist.
Mit ausklingen des letzten Tones setzten leichte Drums ein, die verrieten, dass es nun ein wenig poppiger wird. Orinoco Flow setzte dann so richtig ein, als alle auf der Bühne standen. Die Choreografie verfehlte ihre Wirkung nicht. Es war beeindruckend zu sehen, wie sich Gruppen bilden, sich zusammenziehen, wieder auseinandergehen und schließlich zum Schluss zu einem massiv zusammenstehenden Chor werden. Überhaupt ist es interessant zu beaobachten, wie sich die Jungs auf der Bühne bewegen. Lautlos, vorsichtig, teilweise fast schwebend und dabei teilweise in eine andere Richtung schauend.
Passend war auch gleich danach das Gloria, zu dem ein Halbkreis gebildet wurde, in dem die Jungs auch blieben. Trotzdem gab es ein kleines Element, mit dem genau an der richtigen Stelle der Gesang zusätzlich unterstrichen wurde, nämlich als mit Beginn finalen Strophe sich alle Sänger mit einer schnellen kleinen Drehung dem Publikum zuwendeten. Eine Element, dass auch im später folgenden Dies Irae mehrfach zum Einsatz kam. Hier sang Ciaran zusammen mit Matthew Rangel-Alvarez das Solo.
Dazwischen gab es aber erst einmal eine Rede von Michael und Cassius über ihre schönen weißen Roben, die Bedeutung der Roben, das Auswendig lernen von Texten und Positionen und das Üben vom Auffinden der richtigen Position im Dunkeln. Die lustigsten Momente waren hier natürlich wieder, als Michael Cassius die Kapuze ganz über den Kopf zog, so dass der gar nichts mehr sehen konnte und als er dann über die Positionssuche mit verbundenen Augen sprach versuchte Cassius mit Kapuze vor den Augen ihn anzusehen und tastete in der Gegend rum. Die Lacher waren ganz auf seiner Seite. Michael kündigte noch den nächsten Song an, ging an seinen Platz und ließ Cassius stehen. Es wurde dunkel und als einen Augenblick später das Licht wieder zurückkam stand Cassius schon wieder ohne Kapuze im Chor als wäre nichts gewesen. Beamen auf kurze Strecken scheint also doch schon möglich zu sein. Auf Guernsey kam immer noch Licht von draußen rein, hier hätte höchstens eine dicken Nebelwolke geholfen.
The Fountain wurde dann von Matthew Jansen und Thomas gesungen. Dem folgte Dies Irae, das mir auch sehr gut gefallen hat.
Grateful Heart gibt es auf keiner CD, aber es ist ein wunderschöner Song, der vom Stil her sich von allen anderen Liedern abhebt. Irgendwie klingt er einfach leicht. Ein wenig vergleichen kann man ihn mit „You Were There“, das Steven Geraghty für das Computerspiel ICO gesungen hatte und mit Something Sings aus dem Album Visions. Die Solos haben Thomas Delgado-Little und Michael Ustynovych-Repa gesungen.
Stay with Me war das einzige Lied, in dem dann auch mal Cassius' Gesangsstimme zu hören war, auch wenn er noch von einigen anderen begleitet wurde, so dominierte doch seine Stimme. Wenn man das Lied nur von CD kennt muss man sich erst einmal an den mehrstimmigen „Solopart“ gewöhnen, aber auch sehr schön.
Joshua stellte sich nun vor, erzählte über sein Alter und den Stimmbruch, darüber dass er aufgrund von Prüfungen einige Konzerte nicht mitmachen konnte, sich aber freut zurück zu sein. Abschließend sagte er „Nun ist es Zeit für meine neue Rolle am Piano“. Waren es seine letzten Konzerte als Sänger? Auf Jersey verschwand er schnellen Schrittes von der Bühne, um kurze Zeit später einige Meter weiter hinten wieder auf der Bühne zu erscheinen. Auf Guernsey stand das Piano ja neben der Bühne.
Ave Verum war wieder so ein schönes kraftvolles Lied, das auch von der Choreografie unterstrichen wurde. Am Ende bildeten die Jungs ein V mit einer Spitze aus zwei Sängern, alle anderen ordneten sich dahinter an. Alle? Nein, nicht alle, aber dazu später mehr.
Das Konzert neigte sich dem Ende. Mit Far Away, gesungen von Isaac, und Glory to Thee mit Eoghan als Solisten folgten zwei ruhige Lieder, bevor Ben sich und Libera beim Publikum verabschiedete und dabei noch von den vielen zu großen und zu kleinen Liberanern erzählte, die man zu Hause gelassen hat. Bei der Feststellung, dass einige Besucher eine sehr weite Anreise hatten hängte er beim dritten Konzert noch einen kleinen unterdrückten Lacher hintendran. Kann man nicht wiedergeben, man muss es gehört haben.
Der Abschlusssong How Shall I Sing That Majesty wird von mir gerne unterschätzt. Das Lied fängt ruhig an (Eoghan hat das Solo gesungen) steigert sich zum Ende hin aber dermaßen, dass es einem Finale würdig ist. Tosender Beifall (hätte bei mehr Besuchern noch besser geklungen), das Licht ging aus, das Licht ging an, eine Verneigung (ich wollte mich spontan auch verneigen) und als Zugabe einen kurzen Teil von Exultate. Als die Jungs zum Abschied gewunken haben wollte ich eigentlich zurück winken, wusste aber nicht, wie ich dabei weiter klatschen sollte.
Es waren vier wunderbare Abende mit netter Gesellschaft im Anschluss an die Konzerte.
In einem weiteren Bericht werde ich einige Details in Bezug auf die Sänger eingehen. Soweit erst einmal viel Spaß beim Lesen.
- P8021906_opt03_aa.jpg (169.33 KiB) 9156-mal betrachtet
- P8021898_opt03_a.jpg (147.4 KiB) 9156-mal betrachtet
- P1080702_opt03.JPG (289.39 KiB) 9156-mal betrachtet