von mawi » Sonntag 16. Januar 2022, 23:01
Ein wenig irritiert war ich kürzlich, als ich eine CD des Three Cathedral Choir (das sind der Gloucester Cathedral Choir, Hereford Cathedral Choir und der Worchester Cathedral Choir) gehört habe, die 1999 entstanden ist.
Am Ende erklangen Worte und Melodie der Einleitung von Lux Aeterna. Dies veranlasste mich erst einmal zu schauen, was ich eigentlich gerade höre. Es war In Paradisum aus dem Requiem von Maurice Duruflé, von dem ich bislang noch nie gehört hatte.
Doch nicht von ihm stammt die Melodie, wie ich etwas später herausfand. LIBERA gibt bei Lux Aeterna zur Music an: „based on the plainchant of the Requiem Mass".
Dies hatte ich zwar vorher bereits gelesen, konnte damit aber nicht viel anfangen.
Jetzt durfte ich lernen, dass Plainchant „Klargesang“ heißt und im Prinzip dem entspricht, was ich im allgemeinen und gregorianischem Gesang kenne. Der Text geht mindestens ins 7./8. Jahrhundert zurück (älteste bekannte Aufzeichnung) und die Melodie möglicherweise ebenfalls. Nachfolgend der Text mit zusätzlicher Übersetzung ins Deutsche, stammend von Wikipedia. Der Absatz gehört normal nicht hinein, aber ich habe ihn gesetzt, da LIBERA nur die ersten drei Zeilen verwendet, jeweils am Anfang und am Ende des Liedes, dort mit einer leicht abgewandelten Melodie.
Latein
In paradisum deducant te angeli;
in tuo adventu suscipiant te martyres,
et perducant te in civitatem sanctam Ierusalem.
Chorus angelorum te suscipiat,
et cum Lazaro, quondam paupere,
æternam habeas requiem.
Deutsche Übersetzung
Ins Paradies mögen die Engel dich geleiten,
bei deiner Ankunft die Märtyrer dich empfangen
und dich führen in die heilige Stadt Jerusalem.
Der Chor der Engel möge dich empfangen,
und mit Lazarus, dem einst armen,
mögest du ewige Ruhe haben.
Im Gegensatz zu anderen Vertonungen, die ich jetzt im gregorianischen Stil, aber auch als Chorstück gehört habe, ist die Wirkung von LIBERA deutlich anders, deutlich sanfter. Man wird praktisch von der Stimme gestreichelt, die so sanft und beruhigend daherkommt, aber auch mit der klaren Botschaft, dass es jetzt Zeit ist zu gehen.
Wenn ich mir die Übersetzung verinnerliche, dann verstehe ich, warum Robert nur die ersten drei Zeilen benutzt hat. Die vierte Zeile, ja wie soll ich es sagen, würde merkwürdig klingen, wo Robert doch gerade den Chor der Engel für immer verlassen musste.
Ich hielt Lux Aeterna in der ersten Version vom Album Libera bereits für einmalig schön und mit dem gesungenen In Aeterna am Ende in der Wirkung nicht zu übertreffen. Das Album If zeigt, dass eine schöne Version noch schöner werden kann und eine Wirkung noch gesteigert werden kann. Wenn auch mit einem traurigen Hintergrund. Eines aber haben beide Versionen gemeinsam: Nach dem Lied benötigt man einen Augenblick der Stille.